Dienstag, Dezember 06, 2005

Beim Friseur III

Nach ausführlicher Beratung und Sondierung der Ratschläge habe ich mich letzten Donnerstag wieder in haarige Obhut begeben, wobei der Friseur eine Glatze hatte. Aber der Reihe nach.
Meine Wahl fiel auf Bundy-Steinmetz in der Landstraßer Hauptstraße. Ausschlaggebend war in erster Linie die Adresse, da ich die Gegend um den 3. und 4. sehr gerne habe. So telefoniere ich einen Tag zuvor zwecks Terminanbahnung und muss auf die Frage, wer mein persönlicher Favorit im Salon sei, betreten schweigen. Schlussendlich wird mir von meinem Gegenüber "Alexis" zugeteilt. Leider vergesse ich donnerstags, meinen Stadtplan mitzunehmen und bin beim Hinweg auf Unterstützung aus der Bevölkerung angewiesen. Schnurstracks frage ich einen Schaufensterpassanten, ob ich mich zumindest in der Nähe von "Bundy" befinde. "Bundy" spreche ich dabei freilich mangels besseren Wissens im Gedanken an den vornehmen Sir in der schrecklich netten Familie aus. Dies amüsiert den Adressierten, der mir freundlicherweise den Weg zeigt und mich über die richtige Aussprache unterrichtet. Dort angekommen entpuppt sich Alexis als Latin-lover-Typ mit kahlgeschorenem Haupte. Er begrüßt mich per Handschlag und ich bin froh, dass darauf keine Wangenküsse folgen. Gemeinsam versuchen wir, die Richtlinien des Haarschnittes festzulegen. Ich bitte um einen Scherenschnitt sowie Rasierer-Abstinenz und ernte erfreulicherweise keine sonderbaren Blicke, sondern (Ein-)Verständnis. Alexis fasst kurz ins Auge, die Haare so zu schneiden, dass sie vorne durcheinander liegen, verwirft diesen Gedanken jedoch sogleich selbst, ohne dass es meines Widerspruches bedarf. Während des Schneidens legt er sehr viel Bedacht auf sein eigenes Äußeres und entfernt jedes Haar, das sich auf seinem schwarzen Hemd festsetzt, unverzüglich. In einem Nebensatz macht er mich auf einen vor mir liegenden Zettel aufmerksam, den ich bei Gelegenheit ausfüllen solle. Ergriffen davon, wie er mir nicht nur die Haare, sondern ohne Aufpreis durch sehr geschicktes Hantieren mit dem Duschkopf auch mein T-Shirt mitwäscht, schenke ich dem Zettel keine Beachtung. In welcher Branche ich tätig sei, will Alexis wissen. Nach meiner Antwort "Im studentischen Bereich" hält er zwar kurz inne, wechselt jedoch nicht (!) ins joviale Du. Nach getaner Arbeit widme ich mich noch dem Zettel. Meinen Namen soll ich darauf verewigen und angeben, wie ich den Haarschnitt haben will. Evidentermaßen macht es wenig Sinn, diese Dinge im nachhinein auszufüllen, ich tue es dennoch und trage beim Schnitt-Wunsch ein "wie gehabt" ein. Alexis grinst. Ich überlege kurz, ob dieser Zettel die mündliche Besprechung über die Art des Haarschnittes überflüssig machen soll, finde Gefallen an dieser Idee und werde sie beim nächsten Mal austesten. Dann allerdings ohne Bericht, denn die kleine Friseurs-Serie in diesem Blog scheint sein Ende gefunden zu haben. Wer sich zwei Mal vom selben schneiden lässt, gehört schließlich zum Establishment.
Zum Nachlesen:
Teil 1
Teil 2

1 Comments:

Blogger Stentor said...

Wieviel kostete das Rendez-Vous mit Alexis?

3:26 PM  

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