Donnerstag, Februar 23, 2006

Wettbewerb als Gefahr für den Rechtsstaat?

Die juristische Ausbildung in Wien befindet sich derzeit im Umbruch und steht vor der radikalsten Erneuerung seit Jahrzehnten. Im Juridicum kursiert bereits der Entwurf eines neuen Studienplans. Primärer Auslöser dafür ist ein von der Wirtschaftsuniversität ab Herbst 2006 angebotenes Wirtschaftsrechtsstudium, gegen das die österreichische Juristenlobby Sturm läuft.

Dieses als Baccalaureat konzipierte Studium verzichtet auf die am Juridicum noch immer sehr betonte rechtshistorische Ausbildung soll gezielt auf wirtschaftsrechtliche Berufsfelder vorbereiten. Am Juridicum schrillen seit Bekanntwerden der WU-Pläne alle Alarmglocken, zumal die Monopolstellung über die juristische Ausbildung durch den praxisbetonten Ansatz der WU gefährdet scheint. Die vereinte Juristenlobby - Anwälte wie Richter und Notare zugleich - lehnt die durch den "Bologna-Prozess" bedingte Einführung eines dreijährigen Jusstudiums am Juridicum vehement ab und konnten sich damit (vorerst) durchsetzen. Gleichzeitig spricht man sich entschieden gegen die Zulassung von WU-Baccalaurei für die klassischen Rechtsberufe aus. Begründet wird dies durch die Skepsis gegenüber einem Jusstudium "light", das wegen des Verzichts auf die rechtshistorischen Fächer und der verkürzten Studiendauer einen ganzheitlichen Zugang zur Materie aufgebe.

In Wirklichkeit sieht man durch die aufgrund des Bologna-Prozesses im rechtswissenschaftlichen Bereich ermöglichte Abschwächung der Zugangsbarrieren auf dem Arbeitsmarkt für Juristen lediglich seine Felle davonschwimmen. Symptomatisch für diese Einstellung sei mit Prof. Heinz Mayer (in der Februar-Ausagabe des Österreichischen Anwaltsblattes, Seite 99) die federführende Kraft hinter dem neuen Studienplan am Juridicum zitiert:
Kürzer und damit auch weniger gut ausgebildete Juristen mögen zwar heute dem Staat Geld sparen, sie werden aber in der Folge dem Bürger Geld kosten; sei es durch schlechten Rat, durch mangelhafte Verfahrensführung oder durch Unkenntnis weiter Teile des Rechts. Es möge sich auch niemand der Hoffnung hingeben, dass juristische Baccalaurei ohnehin keinen Zugang zu den klassischen Rechtsberufen finden werden. Sind sie erst einmal in großer Zahl vorhanden und finden sie anderswo keinen Platz, so werden sie auch in die klassischen Rechtsberufe drängen. Ich bezweifle mit Nachdruck, dass der zukünftige Gesetzgeber das verhindern wird. Eine solche Entwicklung bedroht nicht zuletzt auch den Rechtsstaat.


Mehr Wettbewerb, weniger Qualität? - Etatistische Anti-Logik at it's best!

Donnerstag, Jänner 19, 2006

Sinnvoll.

Das ist ja wieder einmal sinnvoller und wohl durchdachter Vorschlag.
Es gibt unter 14-Jährige, die körperlich weiterentwickelt sind und die kriminelle Energie von Älteren haben.


Gibt es nicht auch 12-Jährige, welche diese Energie aufweisen? Oder 11-Jährige? usw.

Mittwoch, Dezember 28, 2005

OUTSOURCING


Nach bald einem Jahr des mehr oder weniger regelmäßigen Bloggens sehe ich nun die nächste Entwicklungsstufe erreicht: mein eigenes livejournal. Ob ich die Blog-Dualität aufrecht erhalten und auch hier weiterposten werde, weiß ich noch nicht.

Donnerstag, Dezember 22, 2005

Verbotsgesetz - und kein Ende

Die Causen Kampl, Gudenus und Irving haben das Verbotsgesetz, das (bei besonderer Qualifikation) das Verbrechen der nationalsozialistischen Wiederbetätigung mit Freiheitsstrafen bis zu 20 Jahren ahndet, zuletzt verstärkt in den Blickpunkt der medialen Öffentlichkeit gebracht. Den Reigen der redaktionellen Rezeption hatte Christian Ortner in der "Presse" eröffnet, es folgten Michael Fleischhacker (ebenso "Presse") und
Christian Fleck ("Standard"; kostenpflichtig). Allesamt traten sie für die Abschaffung des (weltweit einzigartigen) Verbotsgesetzes ein. In der letzten Wochenendausgabe der "Presse" erhielt der Rechtsanwalt und Professor für Öffentliches Recht
Alfred J. Noll die Gelegenheit, eine flammende Verteidigungsrede für das Verbotsgesetzes zu publizieren. Dabei erfüllt er jedes Klischee rechtspositivistischen Irrdenkens.

In durchgehend beleidigt-larmoyantem Ton bezeichnet Noll seine argumentativen Widerstreiter Ortner ("ein Apostel neoliberaler Befreiung von staatlicher Bevormundung"), Fleischhacker ("der konservative Chefredakteur dieses Blattes") und Fleck ("der linke Soziologe") als "die Herren Abschaffer", "Kreuzritter der 'absoluten' Meinungsfreiheit" und "Rechtsverächter besonderer Güte". In der Forderung nach Abschaffung des Verbotsgesetzes meint Noll gar eine Aufforderung zum Rechtsbruch zu erkennen, da Österreich völkerrechtlich qua Staatsvertrag dazu verpflichtet sei, das Verbotsgesetz aufrechtzuerhalten. Nun könnte man über diese Frage sicherlich seitenlange Rechtsgutachten schreiben. Es soll bei einer kleinen Anmerkung belassen werden. Noll stützt sich auf Art 9 StV 1955:

Auflösung nazistischer Organisationen

1. Österreich wird die bereits durch die Erlassung entsprechender und von der Alliierten Kommission für Österreich genehmigter Gesetze begonnenen Maßnahmen zur Auflösung der nationalsozialistischen Partei und der ihr angegliederten und von ihr kontrollierten Organisationen einschließlich der politischen, militärischen und paramilitärischen auf österreichischem Gebiet vollenden. Österreich wird auch die Bemühungen fortsetzen, aus dem österreichischen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben alle Spuren des Nazismus zu entfernen, um zu gewährleisten, daß die obgenannten Organisationen nicht in irgendeiner Form wieder ins Leben gerufen werden, und um alle nazistische oder militaristische Tätigkeit und
Propaganda in Österreich zu verhindern.
2. Österreich verpflichtet sich, alle Organisationen faschistischen Charakters aufzulösen, die auf seinem Gebiete bestehen, und zwar sowohl politische, militärische und paramilitärische, als auch alle anderen Organisationen, welche eine
irgendeiner der Vereinten Nationen feindliche Tätigkeit entfalten oder welche die Bevölkerung ihrer demokratischen Rechte zu berauben bestrebt sind.
3. Österreich verpflichtet sich, unter der Androhung von Strafsanktionen, die umgehend in Übereinstimmung mit den österreichischen Rechtsvorschriften festzulegen sind, das Bestehen und die Tätigkeit der obgenannten Organisationen auf österreichischem Gebiete zu untersagen.


Ein Gebot, "jede Form der nationalsozialistischen Wiederbetätigung unter Strafe zu stellen", lässt sich daraus schwer destilieren. Explizit ist die Rede davon, das "Bestehen und die Tätigkeit" von faschistischen bzw nationalsozialistischen Organisationen bei Strafandrohung zu untersagen. Das allerdings stellt nicht das "Herzstück" des Verbotsgesetzes dar. Der Rechtsprechung des OGH zufolge ist zur Erfüllung des Tatbestandes einer Wiederbetätigung kein "komplexes Handeln" notwendig, sondern lediglich ein Handeln, das "einzelne für den Nationalsozialistmus typische Ideen zum Ausdruck bringt". Als "typisch nationalsozialistisch" sieht der OGH beispielsweise die Bezeichnung des Staatsvertrags 1955 als "Diktat von Wien" oder die Aufforderung "Kampf gegen die Lüge einer österreichischen Nation".

In weiterer Folge ergeht sich Noll in polemischen Fehlschlüssen:

Also: Schaffen wir die Strafbarkeit des Mordes ab! Ganz offensichtlich ist der Mord seit Jahrtausenden verboten. Was hat es genützt? Immer noch und immer wieder werden Menschen gewaltsam zu Tode gebracht. Unter dem Blickwinkel der Generalprävention erweist sich die Sanktionierung des Mordes als wenig effektiv. Und wissen wir wirklich von einem Mörder, der sich durch seine Bestrafung gebessert hat?


Er vermeint damit, einen logischen Fehler in einem Gedankengang Ortners geortet zu haben, der gemeint hat, dass das Verbotsgesetz keine generalpräventive Wirkung habe. Es ist sicherlich richtig, diese Feststellung Ortners zu kritisieren. Das Problem liegt nicht darin, dass dem Verbotsgesetz keine generalpräventive Wirkung zukomme, sondern darin, dass es Anreize setzt, sich nationalsozialistisch wiederzubetätigen. Das mag auf den ersten Blick unlogisch erscheinen, drohen doch eingangs erwähnte Freiheitsstrafen bis zu 20 Jahren. Der aus nachteiligem sozialen Milieu stammende Jugendliche, der gerade seine Lehre abgebrochen hat und nicht weiß, was er mit seinem Leben anfangen soll, denkt jedoch nicht in Paragraphen. Vielmehr stellt er sich die Frage: "Wenn der Staat ein solches Interesse daran hat, Holocaustleugner wegzusperren, muss an diesen Theorien ja doch etwas dran sein. Wenn sie völlig blödsinnig wären, müsste sie man nicht dafür bestrafen." Schon wittert er eine große Verschwörung, hinter welcher nur die Juden stehen können, hat sich den Kopf kahl geschoren, Springerstiefel gekauft und den Hitlergruß vor dem Spiegel perfektioniert. Gut gemeint ist eben häufig das Gegenteil von Gut. Das Verbotsgesetz löst keine Probleme, genauso wie man sich generell von der Idee verabschieden sollte, mit dem Strafrecht könne man soziale Konflikte lösen oder entschärfen.
Auf das entscheidende Argument contra Verbotsgesetz konnte Noll, der noch weitere völkerrechtliche Übereinkommen zitiert, aus denen er eine vom Verbotsgesetz gar unabhängige "direkte" Strafbarkeit nationalsozialistischen Handelns in Österreich deduziert, als Rechtspositivist freilich nicht eingehen; in einem (materiellen!) Rechtsstaat werden Dummheiten und Lügen mit Argumenten bekämpft, aber es bleibt den Dummen unbelassen, ihre Theorien weiter zu vertreten (solange sie sie nicht in die Tat umsetzen und Eigentum, Gesundheit, Leben eines anderen verletzen). Das Verbieten und Bestrafen von Lügen und Unwahrheiten ist ein zutiefst totalitärer Zug. Ein Rechtsstaat, der sich zur Bekämpfung totalitären Gedankengutes totalitärer Methoden (und nichts anderes ist das Einsperren aufgrund freier Meinungsäußerung) bedient, führt sich selbst ad absurdum. Freiheit schließt eben auch die Freiheit mit ein, das Falsche zu tun, so verachtenswert revisionistische Tätigkeiten und Äußerungen zweifellos sind. Schneidet sie, ignoriert sie, grüßt sie nicht mehr etc, aber: Freiheit - auch für die Deppen.

Montag, Dezember 19, 2005

Tempo 160 rechtswidrig?

In der typisch österreichischen Posse über die Einrichtung von Teststrecken auf österreichischen Autobahnen, auf denen statt der üblichen 130 satte 160 km/h als höchstzulässige Geschwindigkeit gelten sollen, vermeldet der ORF auf seiner Startseite das nächste Highlight: Dem bekannten Verfassungsrechtler Öhlinger zufolge ist Tempo 160 rechtswidrig. Er stützt sich dabei auf § 43 Abs 4 Straßenverkehrsordung (StVO):
Wenn es der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs dient und aus Gründen der Sicherheit des Verkehrs keine Bedenken dagegen bestehen, kann die Behörde durch Verordnung die gemäß § 20 Abs. 2 erlaubten Höchstgeschwindigkeiten erhöhen.

Der dadurch erzielte juristische Erkenntnisgewinn dürfte sich jedoch in sehr engen Grenzen halten. Es geht doch gerade um die Frage, ob Tempo 160 tatsächlich die Sicherheit des Verkehrs beeinträchtigt. Für Öhlinger ist das - unver Verweis auf "zahlreiche Experten" - evident. Gorbach wiederum wird es ein Leichtes sein, seinerseits "zahlreiche Experten" mit gegenteiliger Ansicht anzuführen. Der in eventu angerufene VfGH darf dann würfeln.

Donnerstag, Dezember 15, 2005

Weihnachten - worum es gehen sollte

* (Fast) die ganze Welt feiert Weihnachten und gedenkt dabei der Geburt Jesu. Der Ursprung dieses Fests jedoch ist gänzlich weltlicher Natur und in der modernen Form eine amerikanische Erfindung des 19. Jahrhunderts.

In der Essenz geht das Fest auf die archaischen Sonnwendfeiern zurück, die Menschen schon immer begangen haben, als die Tage wieder länger wurden. Die Römer kannten die Saturnalien. Die Christen hatten für diese Feiern nur Verachtung übrig. Sie waren zu jeder Jahreswende damit beschäftigt, an das Ende der Welt zu denken und verurteilten jede Form "weltlicher" Vergnügungen. Mit der Zeit kamen die Christen jedoch zu der Erkenntnis, dass gegen diese weltlichen Untriebe nicht anzukommen sei und entschieden sich, das Fest zu stehlen, wie Leonard Peikoff treffend formuliert: "If you can't stop them, join them". Im Gegensatz zu den bereits damals bekannten Tatsachen datierten sie die Geburt Jesu auf den 25. Dezember und usurpierten die weltlichen Sonnwendfeiern. Dennoch blieben religiöse Zweifel, wie der Weihnachtsfeiertag, in dessen Mittelpunkt Lebensfreude und Bejahung zum Leben steht, mit den christlichen Anspruchsdogmen der Entsagung, des Verzichts, der Selbstaufopferung und des Jenseitsdenkens zu vereinbaren sei.

Das 19. Jahrhundert sollte den Charakter des Festes dann entscheidend verändern. Die Entfaltung des menschlichen Potentials in Wissenschaft und Wirtschaft bewirkte einen nachhaltigen Modernisierungs- und Zivilisierungsschub. Durch den Prozess der Industrialisierung wurden Menschen erstmals in der Geschichte in die Lage versetzt, aus ihrem determinierten sozialen Status auszubrechen und sich selbst aus eigener Kraft nach oben zu arbeiten. Der endgültige Triumph rational-logischen Denkens über religiös-mystischen Aberglauben führte zu unglaublicher Wohlstandsvermehrung. Letzeres hatte zur Folge, dass das gegenseitige Beschenken zum zentralen Inhalt des Weihnachtsfests wurde. Als Personifizierung dessen gilt Santa Claus, der von Christen als Antichrist denunziert wurde, weil er den Charakter von Weihnachten als religiöses Fest schnell unterlief. Die Amerikaner ließen sich jedoch nicht beirren. Santa Claus steht in fundamentalem Gegensatz zur christlichen Ethik. Er verlangt nicht von den Reichen, dass sie sich ihres Reichtums schämen und durch Sühne Abhilfe leisten müssen. Er behandelt vielmehr reiche und arme Kinder gleich. Geleitet von Gerechtigkeit gibt Santa lediglich den guten Kindern und nicht den bösen - unabhängig von deren sozialen Status.

All das, was wir heute mit Weihnachten assoziieren - Weihnachtslieder, Dekorationen -, basiert auf weltlichen Bräuchen, die geleitet sind von der Freude am Leben und dem Verfolgen des Glücks - nicht von Entsagung, Selbstaufopferung und Verachtung sämtlichen weltlichen Glücksstrebens, wie die Christen es postulieren. Never accept an unearned guilt; so take the Christ out of Christmas.

* (Basierend auf dem Essay "Why Christmas Should Be More Commercial" von Leonard Peikoff.)

Mittwoch, Dezember 14, 2005

Blabla: Blaha, Barbara.

Die ÖH-Vorsitzende in einem Interview auf die Frage, wie man den Frauenanteil unter Universitätsprofessoren steigern könnte:

Eine ganz drastische Maßnahme wäre, alle Professoren-Stellen ab jetzt, nur noch von Frauen zu besetzen, bis die fünfzig Prozent erreicht sind. Das wäre eine ganz radikale Maßnahme, die man aber setzten könnte, wenn man das wollte. Die jetzigen Gleichbehandlungs-Ausschüsse funktionieren zwar gut, sind aber allein nicht ausreichend.

Wikipedia zufolge liegt der weibliche Studentenanteil in Österreich in geisteswissenschaftlichen Studienrichtungen bei 77%. Ich fordere einen Aufnahmestopp weiblicher Wesen, bis 50:50 erreicht wird. Blaha wird dem wohl entgegenhalten, dass es sich bei diesen 77% in (ÖH-)Wirklichkeit gar nicht um (ÖH-)Frauen handelt, weil sie von der Übermacht männlicher Professoren patriarchisiert werden.