Freitag, September 30, 2005

Der Unternehmer - der stille Held der Neuzeit


Im Rahmen eines Artikels für die aktuelle Ausgabe der Jungen Freiheit stellt der Nationalökonom und Sozialphilosoph Roland Baader, der wohl bekannteste populärwissenschaftliche Freiheitsdenker im deutschsprachigen Raum, ein gekürztes Kapitel seines neuen Buches "Das Kapital am Pranger - Ein Kompaß durch den politischen Begriffsnebel" vor.

Das Kapitel trägt den Titel "Kapitäne der Marktwirtschaft" und beleuchtet einmal mehr die tragende Rolle des Unternehmers.


In den fünfzig Jahren zwischen 1850 und 1900 stieg der Lebensstandard in den Industrialisierungsländern um mehr als in den 500 vorangegangenen Jahren.
Als Hauptursache haben die Ökonomen die Tatsache ausgemacht, daß mittlere und größere Unternehmen entstanden, deren Geschäftsumfang und Tätigkeitsbereich über die bisherigen Handwerks- und Kleinhandelsaktivitäten hinausging. Immer mehr Unternehmerfiguren traten auf, gründeten Firmen und weiteten deren Produktions- und Handelsvolumina mit zunehmender Geschwindigkeit aus. Der Übergang schließlich vom Unternehmer als alleinigem „Herr im Haus“ zu hierarchisch gegliederten Management-Organisationen machte den Aufbau von Großunternehmen mit Massenproduktion möglich, was den Lebensstandard der breiten Bevölkerung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und im 20 Jahrhundert dramatisch steigen ließ.

Nirgendwo sonst kommt dem einzelnen Verbraucher eine vergleichbar große Machtstellung zu als am freien Markt. Der finanzielle Erfolg des Unternehmers hängt schließlich davon ab, zu welchem Ausmaß er die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden zu befriedigen vermag. Und dennoch assoziiert die "öffentliche Meinung" in völliger Verkehrung der Umstände das Unternehmertum mit Profitgier und Ausbeutung, was auch an den hohen Einkommen liegen mag:

Die meisten Bürger neiden den Unternehmern ihre manchmal sehr hohen Einkommen. Doch gilt es zu bedenken: Wenn Boß X viel Gewinn erzielt, kann das uns allen nur recht sein. Es beweist, daß er mit seinen Investitionen richtig lag und den Wohlstand aller gemehrt hat, sonst hätte ihn der Markt (die Konsumenten) nicht so reichlich belohnt. Ein solcher Unternehmer kann uns gar nicht „teuer“ genug sein, denn die Alternative zu seiner Figur ist der Minister. Und jeder Minister kommt uns wahrlich teuer. Er verschwendet ungezählte Millionen, ja Milliarden, nicht für ertragreiche Investitionen, sondern für Projekte, die seinem und seiner Partei Machterhalt dienen; er investiert nicht sein eigenes Geld oder geliehenes Geld, für das er geradestehen muß, sondern er zieht die Mittel unter Gewaltandrohung aus unseren Taschen; er kennt keine Gewinn- und Verlustrechnung und wird weder vom Markt (von den Konsumenten) noch vom Gerichtsvollzieher oder vom Konkursrichter zur Rechenschaft gezogen; und er macht letztlich nichts anderes, als den Pferden, die den Karren unseres Wohlstands nach vorne ziehen, immer schwerere Lasten aufzubürden. Jeder Minister ist unendlich viel teurer als alle Unternehmer zusammen. Je mehr Unternehmer einnehmen, desto wohlhabender werden wir alle; je mehr Minister einnehmen, desto ärmer werden wir alle.


Die schlechte Reputation des Unternehmertums kommt der Politik in ihren totalitären Bestrebungen nur zugute. So sieht auch Baader in den Selbständigen eine der letzten Bastionen, die dem staatlichen Wahn Einhalt gebieten:

Jeder Selbständige ist eine kleine Festung gegen den Herrschaftsanspruch der politischen Kaste und der Funktionäre, weshalb diese den Preis der Freiheit immer weiter in die Höhe treiben. Der Preis der Freiheit trägt den Namen Risiko. Und der Preis für das Versprechen des Staates, die Bürger vor Risiken zu schützen, buchstabiert sich als Knechtschaft.


Roland Baader: „Das Kapital am Pranger – Ein Kompaß durch den politischen Begriffsnebel“, Resch Verlag, Gräfelfing 2005, 300 Seiten, broschiert, 18 Euro.

6 Comments:

Blogger Stentor said...

So unbestreitbar wichtig die Rolle des Unternehmers im Kapitalismus sein mag, so rate ich dennoch davon ab, ihn zum Helden zu glorifizieren: "Der Unternehmer, der Mann, der den Augenblick ergreift, hat wenig Interesse für die Austragung eines säkularen Kampfes. Ihm kommt es darauf an, sich den augenblicklichen Verhältnissen anzupassen. [...] Den grundsätzlichen Kampf für die Beibehaltung der auf dem Sondereigentum an den Produktionsmitteln beruhenden Wirtschaftsverfassung zu führen, liegt ihr [der Unternehmerschaft] fern. Sie steht dem Liberalismus ganz gleichgültig gegenüber, wenn sie ihn nicht überhaupt, zum Beispiel in der Zollpolitik, offen bekämpft." (das Zitat wird Dir wohl bekannt sein).

4:04 PM  
Blogger Flaubert said...

Ludwig von Mises hat schon recht, keine Frage. Nur: Unternehmer ist nicht Unternehmer. Dieses Mises-Zitat bezieht sich in erster Linie auf das sogenannte "big business", das schon immer eine besondere Affinität zum Staatskapitalismus aufgewiesen und häufig darauf gedrungen hat, sich mithilfe staatlicher Regulierungen und Zugangsbeschränkungen eine Monopolstellung (die sie bei freiem Wettbewerb nicht inne hätten) aufzubauen. Auch der eine oder andere Großunternehmer, der sich eine Heerschar von Juristen und Steuerberatern leisten kann, die Ausnahmetatbestände und Lücken im Steuerrecht ausloten, um so einen nicht geringen Teil seines Vermögens dem staatlichen Willkürzugriff zu entziehen, wird ein geringes Interesse an einer radikalen Änderung der Umstände haben. Aber das Zitat trifft nicht zu auf die unzähligen klein- und mittelständischen Unternehmen, die im Kampf gegen den täglichen bürokratischen Wahnsinn ohne Lobby auf sich alleine gestellt überleben müssen - um uns, die Verbraucher, mit den Waren zu beliefern, die wir zum Überleben benötigen. Dafür gebietet ihnen Respekt und: wenn das keine Helden sind, wer dann...

4:32 PM  
Blogger Stentor said...

Ich bezweifle ernsthaft, daß a) ein klein- oder mittelständischer Unternehmer nicht von Subventionen etc. gebrauch machen würde, sofern er es noch nicht tut, b) ein klein- oder mittelständischer Betrieb in Grenznähe nicht auch Schutzmaßnahmen gegen ausländische Konkurrenz fordert. Unternehmer sind Menschen und damit genauso sehr oder wenig Helden wie Du und ich.

12:19 AM  
Blogger Flaubert said...

Ich verstehe diese Diskussion nicht. Sollte man es den Unternehmen vorwerfen, dass sie auf falsche vom Staat gesetzte Anreize reagieren? - Ich gestehe, dass ich ebenfalls Familienbeihilfe und diese Sachen beziehe, zumal ich von Selbstgeißelung nichts halte. Ich genauso wie jeder Unternehmer werden in ihrem Leben mehr Steuern zahlen als wir durch Umverteilung je wieder hereinbekommen werden; deswegen sollte man die staatlichen Gelder in Anspruch nehmen, wo es nur geht. Der Staat ist außerstande, auf legitime Weise an Sachen Eigentum zu begründen (von der - theoretischen - Variante abgesehen, dass Bürger dem Staat Geld schenken); weder nach der Sichtweise der römischen Ersterwerbslegitimation noch nach der Appropriationstheorie. Nimmt man vom Staat, eignet man sich herrenlose Güter an.

Ich würde mir ja einmal wünschen, dass die Unternehmen in einen ähnlichen Streik treten würden, wie Ayn Rand das in ihrem Jahrhundert-Roman "Atlas shrugged" skizziert hat. Natürlich sind Unternehmer keine Engeln; ihr Ziel ist es zu produzieren und Profit zu gerieren, unter welchen Umständen auch immer. Das heißt aber auch, uns eben mit Gütern zu versorgen, so wahnwitzig die staatlichen Umstände sich auch gestalten mögen. Seien wir froh, dass sie es jeglichen Widrigkeiten zum Trotz noch tun. Sterben die Produktiven aus, stirbt die Welt. Meinen Werthaltungen nach ist dieses Verhalten eben heldenhaft; im Forum von liberty ideas zB schreibt regelmäßig ein deutscher Unternehmer, der knapp vor dem Konkurs steht und dem Finanzamt und Bauaufsichtsbehörde andauernd im Nacken sitzen. Ihm, der er mitunter tagtäglich damit beschäftigt ist, sein Werkel vor staatlicher Zerstörungs- und Regulierungswut zu bewahren, vorzuwerfen, dass er einen gewöhnlichen Sozialisten darstellt und nicht so jammern soll, weil er doch sicher auch die eine oder andere Subvention in Anspruch nimmt, würde ich nicht über das Herz bringen.

2:52 PM  
Anonymous Anonym said...

schau mal: JedemSeinRundgemaelde.at.

1:56 AM  
Anonymous Anonym said...

schau mal: JedemSeinRundgemaelde.at.

1:57 AM  

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