15 Monate in Wien. Zeit für keine Bilanz. Stattdessen nur das eine oder andere in die Sinne Fallende
daneben geschrieben:
der
Zeitungsverkäufer an der Straßenecke im 20., seine Produkte im gelben Kronenzeitungs-Dress bei roter Ampel den Autofahrern feilbietend, Kralshüter des archaischen Handels;
die Stammtisch-K
ünstlerriege im Beisl in der Neubaugasse;
die
slowakische Kellnerin beim Schnitzlwirten, die statt des Apfelsaftes auch schon mal ein Viertel Rotwein versteht und serviert;
der
Pizzabäcker in der U-Bahnstation Schottentor, immer den Frauen nach(g)eifernd und -schreiend (und genügend drehen sich um);
der mich stets anlächelnde Verkäufer im U-Bahn-Imbiss Heiligenstadt, der sein Haupt kürzlich kahl geschoren hat (und ich lächle
immer zurück);
die Glückskekssprüche vom Take-away-Chinesen (
aktuell: "Eine Begegnung lässt Ihr Herz höher schlagen");
die Pelztier
demonstranten vor Peek&Cloppenburg;
die Mariahilferstraße, durchaus auf Augenhöhe mit den großen Pariser Prachtavenuen (am
schönsten: am Sonntag);
die Billa-Verkäuferin, die mir anstatt des normalen Leberkäses
Käseleberkäse einpackte (Fraßfall);
der Kahlenberg, mein
Hausberg;
die Bäckereikette "Der Mann", die mir keine Treuepunkte mehr gibt, weswegen meine Gesetzeskodices
unverziert bleiben müssen;
der Regen, Wiener
Anomalie;
die unzähligen Bankomaten
außer Betrieb;
der Blick der Bankangestellten, als ich einen
Erlagschein beim Schalter begleichen will;
mein
Blick, als sie mich auf den Automaten verweist;
aberwitzig konstruierte Gebäude, darunter Wirtschaftsuni, Juridicum und Apollo-Kino an der Spitze;
das Ziehen der Startnummer im Magistrat, realisierend, dass MA 2412
tatsächlich existiert:
die langen
Spaziergänge, nie (ver)zweifelnd, immer nur (er)hoffend
die dennoch verhofften Enttäuschungen, enttäuschten Hoffnungen (gibt es
das: ein Täuschen im Hoffen?);
eine Entscheidung
hinausschiebend, die nicht sein darf (oder doch sein soll, sein muss?);
die U1, U2, U3, U4, U6, 39a, 11a, 49,
42.