Montag, August 08, 2005

60 Jahre danach: eine libertäre Bestandsaufnahme

Kaum ein anderes zeitgeschichtliches Ereignis dominiert die libertäre Bloggerszene derzeit in ähnlicher Intensität wie die Atombomben von Hiroshima und Nagasaki. Dabei lassen sich im Wesentlichen drei Argumentationsmuster herausfiltern:
- Für Anarchokapitalisten und libertäre Naturrechtler stellt die Ermordung unschuldiger Menschen unabhängig von ausschlaggebenden Motiven bzw. unabhängig vom Kontext immer eine Verletzung des Menschen in seinem Selbsteigentum und somit einen Verstoß gegen das "non-aggression"-Axiom dar. Ausschließlich die Verletzung des Aggressors ist durch Notwehr gedeckt, nicht aber jene unbeteiligter Dritter. Der Atombombenabwurf war somit nichts anderes als feiger Massenmord.
- Die gängigste Rechtfertigung für Hiroshima und Nagasaki stellt der Utilitarismus zur Verfügung. Demzufolge haben die Atombomben zwar Hunderttausenden das Leben gekostet, jedoch aufgrund des bewirkten endgültigen Kriegsendes (und der eventuellen abschreckenden Wirkung auf die Sowjetunion) Millionen gerettet. Ebenso wird ins Treffen geführt, dass konventionelle Methoden der Kriegsführung gegen Japan (z.B. eine Invasion) einen (noch) höheren Blutzoll gefordert hätten.
- Die objektivistische Sichtweise mahnt eine Berücksichtigung des Kontextes ein, sieht die Schuld für den Tot unschuldiger Dritter stets beim ursprünglichen Aggressor und zieht eine Analogie zur Notwehrsituation: der Angreifer bediene sich der unschuldigen Bevölkerung gleichsam als "Schutzschild", weswegen deren Tod nicht dem Notwehrausübenden zuzurechnen sei. Zudem ist die Souveränität eines Staates nach Ayn Rand von Beachtung und Schutz von Individualrechten abhängig, was den USA die moralische Pflicht auferlegte, den Angriff des totalitären japanischen Kaiserreiches auf amerikanische Staatsbürger schnellstmöglich und vollumfänglich zu beenden.

Siehe ebenso die Diskussion im Liberalismus-Forum.