Sonntag, Juli 31, 2005

Der Westen, der reißende Fluss

In Form einer Suada, einer unentwegten Streitschrift, die zwei Bücher (Die Wut und der Stolz sowie Die Kraft der Vernunft) umfasst, prangert Oriana Fallaci, die Grande Dame der italienischen Gegenwartsliteratur, den europäischen Umgang mit der (spätestens) am 11. September 2001 evident gewordenen islamischen Gefahr an. In der Ausdrucksweise alles andere als zimperlich erzählt Fallaci von ihren persönlichen Erfahrungen in islamischen Staaten, legt dar, wieso gerade New York zu ihrem politischen Exil mutierte und warum sie für Palästinenser, die angesichts der einstürzenden Türme in Freudentaumel ausbrechen, nichts als Hass übrig hat - nicht minder verhasst sind ihr die europäischen sich unberechtigterweise den Amerikanern moralisch überlegen gerierenden "Geschieht-den-Amerikanern-nur-Recht"-Idioten, die jegliche Kritik an der anti-freiheitlichen, anti-westlichen, frauenfeindlichen, menschenverachtenden Ideologie namens Islam (ich schreibe ausdrücklich nicht: Islamismus) als "Rassismus" abqualifizieren, die zu dumm sind, um zwischen Rasse und Religion differenzieren zu können (nur kollektive Minderschätzung aufgrund ersterem kann Rassismus sein) und jegliche Vernunft gegen einen willkürlichen Werterelativismus ("alles ist relativ - nichts ist nur gut oder nur böse - man muss auch den Nährboden berücksichtigen - jeder Angriff erzeugt nur einen Gegenangriff") eingetauscht haben.

Ihr erzählerisches Repertoire beinhaltet unter anderem die Erschießung von Frauen, welche die Todsünde eines Friseurbesuches begangen hatten, die gelacht hatten (überhaupt der frevelhafteste Verstoß gegen den Koran), die ihre Ganzkörper-Bhurka kurz geöffnet hatten (vielleicht um ein Glas Wasser zu trinken?), die nachts alleine das Haus verließen oder Ehebruch begangen hatten (dem dabei involvierten Mann geschieht freilich nichts), weiters berichtet sie von dem altrömischen "panem et circenses" nachgebildeten öffentlichen Hinrichtungen sogenannter "Ungläubiger" in Fußballstadien, begleitet von kollektivem "Allah akbar"-Gegröhle ("Gott ist groß"), vergleicht die Errungenschaften der westlichen Zivilisation mit jenen des Islams und vermag hie und da ihren heiligen Zorn stilistisch wohltuend auszudrücken:
(... ) der Islam ist ein Teich. Und der Teich ist ein stehendes Gewässer. Voll mit Wasser, das nie abfließt, sich nie bewegt, sich nie reinigt, nie zu fließendem Wasser wird, das bis ins Meer strömt. In der Tat verunreinigt es leicht und taugt auch wenig als Tränke. Der Teich liebt das Leben nicht. Er liebt den Tod (...) Der Westen dagegen ist ein Fluss. Und Flüsse sind Wasserläufe. Wasser, das ständig weiterströmt und sich dabei reinigt, erneuert, noch mehr Wasser aufnimmt, ins Meer fließt, und Geduld, wenn es manchmal zu Überschwemmungen kommt. Geduld, wenn der Fluss manchmal vor Kraft über die Ufer tritt. Der Fluss liebt das Leben. (Die Kraft der Vernunft, S. 311)