Mittwoch, Juni 29, 2005

Über die Kunst, erfolgreich zu verlieren

Der Villacher Fasching dürfte lediglich als billiger Abklatsch dessen anmuten, was sich am Freitag im Deutschen Bundestag abzuspielen droht. Der Grund dafür liegt in dem von den Ereignissen der Weimarer Republik beeinflussten Grundgesetz, das kein Recht des Bundestags auf Auslösung sowie kein Recht des Bundeskanzlers, die Legislaturperiode vorzeitig zu beenden, vorsieht. Um vorzeitige Neuwahlen im Herbst herbeizuführen, muss demnach zu diversen Taschenspielertricks gegriffen werden, deren Bestand vor dem deutschen Höchstgericht angezweifelt werden kann.
Freitag vormittags wird Gerhard Schröder also in einer Rede den Gesetzen der Logik trotzend darzulegen versuchen, wieso er sich bei einer intakten Regierungsmehrheit von 304 gegen 297 einer solchen verlustig fühlt und wie er eine "erfolgreiche" Abstimmungsniederlage erreichen will. Bei nicht wenigen SPD-Abgeordneten steigt der Unmut angesichts der erforderlichen Gewissensakrobatik. Verständlicherweise fragt sich der eine oder andere, wie er Schröder das Misstrauen aussprechen und sodann im Wahlkampf für ihn werben solle. SPD-Fraktionschef Franz Müntefering empfiehlt seinen Kollegen die Enthaltung, will dies jedoch nicht als Misstrauensvotum interpretiert wissen. Auch eine Enthaltung könne eine Form des Vertrauensbeweises darstellen, meint der Ungezieferbekämpfungs-experte. Die SPD-Linke, die Schröder als Ausgeburt des Neoliberalismus lieber heute als morgen zum Teufel jagen wollte, zögert indes - den schwarzen Peter will man schließlich nicht zugeschoben bekommen.

1 Comments:

Blogger Flaubert said...

Ich hätte in dieser Profession keine allzu berufssichernde Einstellung, da meiner Meinung nach jene Politik am besten ist, die sich selbst überflüssig macht.

6:36 PM  

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